Erwachen – vielsagende Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung

In den letzten Wochen verfolge ich mit großem Interesse die Arbeit eines amerikanischen Psychologen, Dr. Jeffery Martins.
Sein Spezialgebiet: Erwachen!

Seit über 10 Jahren erforscht Martins, ob und wie man Erwachen definieren kann, wie die einzelnen Menschen es erleben, was sich in ihrer Wahrnehmung verändert hat und wie man Erwachen gezielt herbeiführen kann.

Ich bin völlig baff, dass sich jemand schon so lange mit diesem Thema beschäftigt und weltweit auf Konferenzen darüber spricht, doch gleichzeitig so wenige Leute auf dem spirituellen Weg ihn kennen.
Was Martins herausgefunden hat, ist nämlich Gold wert. Mindestens.

Er hatte damit begonnen, weltweit 50 Erwachte über ihre Erfahrung zu befragen. Dabei stellte er fest, dass es fünf wesentliche Merkmale gibt, die sie alle – ungeachtet ihres kulturellen oder weltanschaulichen Hintergrundes – miteinander teilen.

Das erste davon ist eine völlig veränderte Wahrnehmung des Selbst. Alle Betroffenen berichteten übereinstimmend, sich weniger mit einem individuellen Selbst zu identifizieren. Dabei gibt es verschiedene Grade: manche nehmen noch ein individuelles Selbst wahr, jedoch in verringertem Maße, andere überhaupt keines mehr.

Das zweite Merkmal ist eine mehr oder weniger vollständige Abnahme des mentalen inneren Geplappers, vor allem selbstbezogener Gedanken. Das Denken funktioniert noch prima, um im Alltag zu funktionieren, doch die ständigen automatischen, meistens urteilenden, kontrollieren wollenden oder Angst erzeugenden Gedanken sind entweder kaum noch vorhanden oder ganz verschwunden. So sie noch vorhanden sind, erleben die Befragten sich allerdings nur noch marginal von diesen Gedanken beeinflusst.

Das dritte Merkmal ist eine Veränderung der Gefühle. Negative Gefühle lassen stark nach oder verschwinden sogar ganz, stattdessen werden Freude und Frieden empfunden. Diejenigen, die noch negative Gefühle erleben, erleben sich von ihnen kaum noch beeinträchtigt, und die Gefühle gehen rasch wieder vorüber.

Das vierte Merkmal betrifft äußeres Erleben: die Wahrnehmung der Gegenwart sowie Reaktivität auf externe Ereignisse.
Die Befragten schilderten, dass sie viel mehr im gegenwärtigen Augenblick leben und Gedanken an die Vergangenheit oder Zukunft weniger bis hin zu fast überhaupt nicht mehr vorkommen. Die Reaktivität auf externe Ereignisse war für alle stark reduziert, einige waren völlig frei davon.

Das fünfte Merkmal zeigte sich im Bereich des Gedächtnisses. Generell verloren persönliche Erinnerungen für alle Erwachten erheblich an Bedeutung. Erinnerungen, die vorher mit starken Emotionen aufgeladen waren, waren darüber hinaus plötzlich neutral.
Manche Befragten erlebten Probleme mit ihrer Fähigkeit, sich Dinge zu merken, und sagten von sich, ihr Gedächtnis sei schlechter geworden. Doch wenn sie gezielt nach Ereignissen gefragt wurden, konnten sie sich erstaunlich gut erinnern. Das Gedächtnis war vorhanden, doch musste bewusst angesteuert werden. Während wiederkehrende Termine und Alltagsroutinen von dem Gedächtnisverlust nicht betroffen waren, mussten sich manche Erwachte für einmalige Termine oder Einkäufe mit Zetteln und anderen Hilfsmitteln behelfen.

Ein weiteres, hochinteressantes Ergebnis von Dr. Martins Forschung ist das Aufspüren verschiedener erwachter Zustände. Er bezeichnet das Erwachtsein als Kontinuum, innerhalb dessen es verschiedene Zustände gibt. Diese Zustände sind nicht unbedingt linear angeordnet, auch wenn es durchaus eine allgemeine Tendenz gibt, nach der sich Menschen von einem Zustand in den nächsten bewegen – wenn sie es denn tun. Manche bleiben nämlich auch an in dem Zustand, in den sie ursprünglich erwacht sind.

Laut Martins gibt es 4 Zustände.
Die meisten Menschen erwachen seinen Ergebnissen zufolge in Zustand 1. Dieser zeichnet sich durch eine verringerte Wahrnehmung eines individuellen Selbst aus, so wie eine erhebliche Reduktion des mentalen Geplappers und negativer Gefühle. Negative Gefühle und emotional behaftete Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft treten weiter auf, haben aber einen drastisch reduzierten Einfluss. Negative Gefühle und Trigger gehen schnell vorüber.
Es gibt ein allgemeines, stabiles Grundgefühl von Freude und Frieden. Hinzu kommt ein Empfinden von Sein und davon, mit etwas weit größerem als dem eigenen individuellen Selbst verbunden zu sein.

Zustand 2 ist im Wesentlichen eine Vertiefung von Zustand 1. Menschen an diesem Punkt berichten von zunehmend nur noch positiven Gefühlen und noch mehr Wohlbefinden als an Punkt 1. Wenn sie Entscheidungen treffen, haben sie zudem ein starkes Gefühl von einem richtigen Weg.

In Zustand 3 erleben die Betreffenden nur noch ein Gefühl: eine Mischung aus Liebe, Mitgefühl und Freude. Reste von negativen Emotionen können am Horizont erscheinen, schaffen es aber nicht mehr, sich zu einer vollständigen Emotion auszubilden. Selbstbezogene Gedanken sind fast völlig verschwunden.
Frieden und das Gefühl von Sein vertiefen sich weiter, ebenso das Gefühl von Verbundenheit. Je nach spirituellem Hintergrund wird dieser Zustand zum Beispiel als “Einheit mit Gott” oder “alles durchdringendes Bewusstsein” beschrieben.
Menschen an Punkt 3 empfinden die Welt als in Ordnung, wie sie ist, und haben interessanterweise das Empfinden von der Existenz “richtiger” Entscheidungen verloren, über das Menschen an Punkt 2 berichten.

Zustand 4. Jetzt wird es schräg. Eine totale Veränderung im Vergleich zu den anderen Zuständen. Die Betroffenen berichten, sich selbst überhaupt nicht mehr als individuelles Selbst wahrzunehmen, und auch keine Gefühle mehr zu erleben. Sie haben den Eindruck, keine Entscheidungen mehr treffen zu können oder zu müssen – das Leben geschieht einfach. Manche nehmen die Welt so wahr, als würde sie sich durch sie hindurchbewegen, während sie selbst an einem Ort verbleiben – auch wenn sie sich bewegen. Interessanterweise nehmen Menschen an Punkt 4 auch kein Gefühl der Verbundenheit mit etwas Höherem mehr wahr.
Obwohl dieser Zustand zunächst etwas befremdlich klingen mag, erleben die Betroffenen das höchste Wohlbefinden und sind überwiegend der Ansicht sind, ihnen sei nie etwas Besseres passiert.

Wenn jemand erwacht, kann man nicht wissen, an welchen Zustand es ihn verschlägt. Auch wenn, wie gesagt, der tendenzielle Ablauf ist, bei Zustand 1 herauszukommen und dann, mit Vertiefung der Erfahrung, zu Zustand 2, 3 und 4 weiter voranzuschreiten, gibt es auch Menschen, die gleich bei 2,3 oder 4 erwachen oder sich von 2, 3 oder 4 zu einem “früheren” Zustand weiterbewegen.

Martins erwähnt noch eine Sache, die ich sehr hilfreich finde, um Berichte von Erwachten besser einzuordnen: Er sagt, alle Erwachten hielten ihren momentanen Zustand für die letztgültige Realität und hätten, solange sie es nicht selbst erlebt haben, Schwierigkeiten, andere Zustände als ebenso gültige Formen des Erwachens anzuerkennen.

Dies klärt für mich persönlich das Rätsel, warum verschiedene Erwachte so verschiedene und sich teilweise widersprechende Dinge berichten. Logisch – für jemanden in Zustand 4 stellt sich die Realität nun einmal vollkommen anders dar als für jemanden in Zustand 1, 2 oder 3.

Ein weiteres interessantes Detail von Martins’ Forschung könnte man so beschreiben, dass nicht jeder, der erwacht ist, völlig frei vom Ego und ganz von Liebe und Mitgefühl durchdrungen ist. Davon war ich bisher immer ausgegangen, zumindest in der Theorie. Gewisse Begegnungen mit Erwachten hatten mich dann stark verwirrt, weil ich ihr Verhalten nicht mit dieser Theorie in Übereinstimmung bringen konnte. Aha. Auch das hängt also von dem jeweiligen Zustand ab!

Martins’ Betreben ist es, einer kritischen Zahl von Menschen auf dem Planeten zum Erwachen zu verhelfen, um das kollektive Bewusstsein anzuheben. Dazu untersucht er mit seinem Team, wie man Menschen am besten ins Erwachen hinein führen kann.

Auch dazu hat er faszinierende Erkenntnisse zu bieten.

Es geht bei seinem Ansatz, dem Finders Course, darum, den Geist auf das SEIN zu fokussieren. Dazu hat er ein Programm aus Übungen und Meditationen entwickelt, um ganz materiell gesprochen, das Gehirn umzutrainieren und das Ego auszutricksen. Wer an seinem Programm teilnimmt, muss 17 Wochen lang täglich zwischen 1 1/2 und 3 Stunden für Anleitungsvideos, Übungen und Meditationen aufwenden und wird dabei mit wöchentlichen Fragebögen “überwacht” und begleitet.

Neu im Angebot ist, dass man den “Finders Course” auch mit persönlicher Betreuung durch einen ausgebildeten Begleiter machen kann.

Für den unvorbereiteten Geist kann eine forcierte Reise ins Erwachen nämlich sehr unangenehm werden, da starker innerer Widerstand ausgelöst wird, der sich in Form von starken negativen Emotionen zeigt.
Dies soll vermieden werden.

Martins weist daher immer wieder auf die Notwendigkeit hin, das psychische Wohlbefinden des Einzelnen zu steigern und zu stabilisieren, bevor man ihn ins Erwachen führt.
Und da treffen sich dann für mich wieder Wissenschaft und Spiritualität. Mit den Worten von “Ein Kurs in Wundern” könnte man sagen: Erst der “glückliche Traum”, dann das Erwachen. Einen glücklichen Traum anzustreben, ist daher keine fehlgeleitete Egoagenda, sondern ein notwendiger Schritt, um das Erwachen zu erleichtern.
Ich persönlich kann diese Weisheit auch in Marshall Rosenbergs Devise “Empathy before education” wiederfinden (“Erst Empathie, dann Belehrung”). Der Geist muss erst beruhigt werden, bevor “weiterarbeiten” kann.

Wer Englisch versteht und gerne mehr über Martins’ Forschungsergebnisse lesen möchte, kann dies u.a. hier tun: http://nonsymbolic.org/PNSE-Summary-2013.pdf

Sehr interessant zum Thema ist dieser Vortrag von Martins auf einer Konferenz in China.

Was meinst du zu dem allen?

Ich würde mich freuen, in den Kommentaren davon zu lesen!

Liebe Grüsse,

Kendra

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Wie geht das mit “den Christus im anderen sehen”?

Wie geht das mit “den Christus im anderen sehen”?

Machst du “Ein Kurs in Wundern” und fragst dich, was genau damit gemeint ist, “den Christus im anderen” zu sehen?

Bedeutet es, dass ich eines Morgens aufwache und mein Mann sieht nicht mehr aus wie mein Mann, sondern hat auf einmal lange dunkle Haare und ein wallendes weißes Gewand an?
Meine Kinder haben dunkle Locken und schauen mich aus sanften Jesusaugen schweigend an, anstatt in der Wohnung herumzurasen?
Meine Nachbarn haben alle etwas Morgenländisches an sich und grüßen mich plötzlich mit “Friede sei mit dir, geliebte Schwester!”?

Wer sich ein wenig mit dem Kurs auskennt, weiß, dass es nicht ganz so abläuft, sondern darum geht, die wahre göttliche Natur des Menschen zu erkennen.
Die Theorie lautet: So, wie wir geschaffen sind, sind wir gut. Unsere Essenz besteht aus Licht und Liebe.
Aber auf dieser Welt laufen wir alle sozusagen verkleidet herum. Über unser wirkliches Wesen haben wir Ego-Kostüme angezogen.
Wir verhalten uns so ganz und gar nicht wie Licht und Liebe und tun nach besten Kräften so, als ob wir mit dem ganzen göttlichen Kram nichts zu tun haben.

Was angefangen hat wie ein lustiges Spiel, ist insofern in die Hose gegangen, als wir uns nicht mehr daran erinnern können, dass es ein Spiel ist und wir auch wieder damit aufhören könnten.
Wir haben unsere wahre Identität vergessen und denken wirklich, wir wären die einer ziemlich durchgeknallten Welt ausgelieferte Persönlichkeit, deren Rolle wir angenommen haben.
Wir haben vergessen, dass das hier unser (kollektives) Theaterstück ist.

Diejenigen von uns, die mittlerweile die Nase von dem ganzen Mummenschanz voll haben, stehen nun vor der Aufgabe, wie sie das mit dem Erinnern hinbekommen.
Dieses Erinnern nennt der Kurs das “Erwachen aus dem Traum”.
Wir können uns gegenseitig bei diesem Erwachen helfen, wenn wir uns darauf konzentrieren, die jeweilige Verkleidung gegenseitig zu durchschauen. Wenn ich in der Lage bin, den göttlichen Ursprung im anderen wahrzunehmen, helfe ich damit ihm und mir beim Erwachen.
Das Durchschauen der Verkleidung wiederum nennt der Kurs “Vergebung”.

Das klingt soweit ja nachvollziehbar, oder?
Der schwierige Teil fängt aber jetzt erst an, nämlich mit der Frage: Wie mache ich das???
Wie zum Teufel kann ich etwas Göttliches, Liebevolles erkennen in dem Typen, der mir die Vorfahrt nimmt, dem Lehrer, der mein Kind ungerecht benotet hat oder im Finanzamt, das mir gerade ungerechtfertigterweise Geld abknöpfen will?

Der Kurs spricht hier davon, dass man den so genannten “Heiligen Geist, die “Stimme für Gott” in uns, bitten soll, die Wahrheit gezeigt zu bekommen. Genau. Es geht um einen Perspektivwechsel.

Leider fällt dieser Perspektivwechsel den meisten von uns nicht einfach. Es geht einfach nicht so “auf Knopfdruck”, die Welt und alle Menschen darin mit ganz anderen Augen zu sehen, vor allem, wenn man am Anfang gar nicht weiss, wonach man eigentlich Ausschau halten soll!

Zum Glück gibt es hier eine wunderbare, elegante Brücke, die leider von vielen Kursschülern missverstanden und deshalb nicht angewendet wird.
Worauf ich hinauswill, ist was Marshall Rosenberg mit seiner “Gewaltfreien Kommunikation” lehrte. Er hat ganz eindrücklich demonstriert, wie man sich zum guten Kern in jedem Menschen vorarbeiten kann, und zwar mit Hilfe seines Verständnisses von Empathie.

Was Empathie oder empathisches Zuhören ist und wie es geht, beschreibe ich detailliert in diesem Artikel.

Worum es mir hier geht, ist ganz klar zu machen, dass Empathie nichts damit zu hat, sich in irgendwelche menschlichen Niederungen herabzulassen und zu verirren.
Viele Menschen, die erwachen möchten, scheinen Angst davor zu haben, sich womöglich zu sehr auf das Menschliche einzulassen und damit noch mehr ihre göttliche Identität zu vergessen, an die sie sich doch so sehnlich erinnern möchten.
Damit einher geht oft ein Rückzug aus der Welt und von ihren Mitmenschen.

Ja, jeder von uns braucht Ruhe, Zeit zum Besinnen, Zeit für sich selber.
Doch wie uns der Kurs auch sagt, können wir nicht allein erwachen.
Wir brauchen dazu unsere Brüder und Schwestern, denn die spiegeln uns einerseits die Dinge an uns, die wir in uns noch zu heilen haben, doch sie bieten auch in jeder Begegnung die Chance, unsere wahre Identität ineinander zu erkennen.

Empathie hilft dabei, weil sie jedem Menschen bei allem, was er tut, eine lebensdienliche (= liebevolle) Absicht unterstellt. Sie sucht aktiv nach der Liebe, die als Antrieb hinter allem Verhalten steckt, auch wenn der Impuls sehr verzerrt rüberkommt.
Dies schafft sie, indem sie sich nicht auf das Verhalten fokussiert, sondern auf die Bedürfnisse, die der Mensch damit versucht hat zu erfüllen.
Jeder Mensch versucht nämlich bei allem, was er tut, Bedürfnisse zu erfüllen.
Diese können eigene Bedürfnisse sein oder die von anderen.

Das Problem sind dabei nicht die Bedürfnisse, sondern die Wege, die jemand zu ihrer Erfüllung beschreitet. Diese Wege können durchaus in die Kategorie “Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint” fallen, doch darum geht es nicht.
Nehmen wir einmal ein ganz krasses Beispiel: Diese Sache lässt sich sogar auf Selbstmordattentäter anwenden. Ein solcher mag als Antrieb für seine Tat Bedürfnisse haben wie Zugehörigkeit (er fühlt sich aus der Gesellschaft ausgeschlossen) oder Sicherheit (er sieht vielleicht sich und seine Familie in der Welt bedroht und denkt, wenn er genug Feinde umbringt, dann wird es für seine Angehörigen sicherer. Und er ist dann im Himmel und sowieso in Sicherheit).
Und an diesen Bedürfnissen ist nichts falsch.

Das bedeutet aber auch nicht, dass wir mit dem Verhalten einverstanden sind und es gut finden, nur weil wir empathisch sind!!!
Wir erkennen lediglich an, dass hinter jedem Verhalten ein nachvollziehbares Bedürfnis stecken muss. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wir graben solange, bis wir dieses Bedürfnis finden. Und wenn wir es gefunden haben, können wir sehen, dass dieser andere nicht durch und durch schlecht ist, sondern lediglich fehlgeleitet in seinem Weltbild und seinen Strategien.

Mehr noch: Da Bedürfnisse universell sind und für alle Menschen gelten, können wir sehen, dass wir uns gar nicht so sehr voneinander unterscheiden, wie wir immer denken. Der Unterschied zwischen einem Menschen, der einen anderen umbringt, und einem anderen, der niemanden umbringt, liegt nicht in den Bedürfnissen.
Jeder von uns will Sicherheit, Gemeinschaft, Hilfe, Zugehörigkeit, Wertschätzung, Essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Nur jeder verfolgt seine Bedürfnisse auf unterschiedliche Weise.

Zu erkennen, dass wir uns in diesem wesentlichen Punkt, der unser Menschsein ausmacht, alle gleich sind, hilft uns die Einheit spürbar werden zu lassen, von der beim Erwachen ja auch immer die Rede ist.
Und zu merken, dass jeder aus Bedürfnissen heraus handelt, hat echte Durchschlagskraft. Damit wird klar, dass jeder von uns von einer Kraft beseelt ist, die zum Leben beitragen will.
Könnte es vielleicht doch stimmen, dass wir tief drinnen von Liebe bewegt werden?

Und damit haben wir die Verkleidung durchschaut.

Bedürfnisse sind übrigens kein Hindernis auf dem spirituellen Weg, sondern können dir wertvolle Dienste beim Erwachen leisten. (Lies hier, wie!)

Ich hoffe ich konnte dich mit diesem Artikel ein wenig neugierig auf Empathie machen, denn ich empfinde sie als so eine große Hilfe und bin sooooo dankbar, sie bei Marshall Rosenberg erlebt zu haben, dass ich einfach der ganzen Welt davon erzählen will!

Ganz definitiv steht sie nicht im Widerspruch zum Willen, zu erwachen, im Gegenteil. Mir ist sie ein unersetzliches Hilfsmittel geworden, um zu sehen, was hinter dem Ego eines Menschen wirklich los ist.

Vielleicht möchtest du auch folgendes zu diesem Thema lesen: Macht empathisches Zuhören eine Geschichte wahr?

Es würde mich freuen, zu hören, was in dir lebendig ist, jetzt wo du gerade diesen Artikel gelesen hast.
Und: Ich bin mir bewusst, dass mir nicht jeder in allem folgen kann, da nicht alle meine Leser denselben Hintergrund mit Ein Kurs in Wundern oder Gewaltfreier Kommunikation haben.
Deshalb stelle gerne Fragen, wenn du welche hast – ich habe Spaß daran, sie zu beantworten!
Am liebsten wäre mir unten im Kommentarbereich, damit auch andere Leser davon profitieren können.

Vielen herzlichen Dank!

Kendra

Noch etwas: Den Christus in einander durch Empathie zu erkennen, üben wir an unserem Wochenendworkshop am 26. und 27. August 2017 in Basel.

Würdest du gerne erfahren, wie das ist?

Dann lies hier die Workshopbeschreibung und finde heraus, ob diese zwei Tage für dich sind!

P.S.: Wenn du diesen Artikel hilfreich findest, dann teile ihn doch bitte über die sozialen Netzwerke! Danke! <3

Warum deine Bedürfnisse und deine Spiritualität sich nicht widersprechen

Warum deine Bedürfnisse und deine Spiritualität sich nicht widersprechen

“Bedürfnisse kommen vom Ego.”
“Bedürfnisse sind das Resultat eines Mangeldenkens. Mangeldenken führt aber in die falsche Richtung.”
“Wer wahrhaft erwacht ist, hat keine Bedürfnisse mehr.”

Solche und ähnliche Aussagen hören wir oft, wenn es um die Frage geht, ob Bedürfnisse zu einem spirituellen Weg dazugehören.

Im Allgemeinen scheint das Thema eine recht explosive Ladung zu besitzen. Wir könnten uns entscheiden, es deshalb zu vermeiden. Doch gerade darin, sich nicht mit Bedürfnissen (wie auch mit Gefühlen) auseinanderzusetzen, liegt eine große Gefahr für unseren spirituellen Fortschritt.

Also wie ist das denn nun wirklich mit den Bedürfnissen, und gibt es einen “spirituell korrekten” Umgang damit?

Zunächst möchte ich dich einladen, dir einen Moment lang zu überlegen, was du mit dem Begriff “Bedürfnisse” assoziierst.
(Noch zur Klarstellung: Mit Bedürfnissen meine allgemeine menschliche Bedürfnisse wie Essen, Obdach, Gemeinschaft, Unterstützung, Zugehörigkeit, gehört werden. Ich spreche nicht von Strategien wie Schokolade, Rauchen, Fernsehen oder Reisen. 😉 )

Was ist deine erste Reaktion?
Empfindest du Bedürfnisse als etwas Positives oder etwas Negatives?
Und welche Bilder oder Begriffe tauchen für dich in dem Zusammenhang auf?

Für die meisten Menschen sind Bedürfnisse etwas Negatives. Bedürfnisse werden mit Schwäche und mangelnder Reife verbunden. Es herrscht das Bild vor, dass Bedürfnisse etwas sind, aus dem man herauswächst oder zumindest herauswachsen sollte.
Zumindest stören Bedürfnisse den Betrieb! Im Alltag sollen wir funktionieren, und wir haben die Befürchtung, dass wir dazu nicht mehr in der Lage sind, wenn wir unseren Bedürfnissen nachgeben. Würden wir zum Beispiel unseren Job überhaupt noch geregelt bekommen? Würden wir nicht den ganzen Tag schlafen oder faul in der Hängematte liegen?

Ich persönlich glaube, dass das Misstrauen gegenüber Bedürfnissen tief in unserer Kultur verankert ist und gar nicht originär mit der Spiritualität zu tun hat, sondern in die Spiritualität mit hineingenommen wurde.

Und so herrscht auch im spirituellen Kontext das Bild von den störenden Bedürfnissen, die der Verbindung mit Gott und dem Erwachen im Weg stehen, weil sie einen auf der menschlichen Ebene festhalten oder so etwas.

Das klingt zunächst ja auch völlig logisch.
Doch es hat einen Haken: Wir schaffen damit eine Spaltung, eine Trennung.

Und jede Form von Spaltung und Trennung läuft dem Erwachen zuwider, denn Erwachen hat mit der Erkenntnis zu tun, dass es keine Trennung gibt!

Auf Bedürfnisse bezogen bedeutet das: Wenn wir Bedürfnisse für ein Problem halten, werden wir ihnen gegenüber eine ablehnende Haltung einnehmen. Das heisst wiederum, dass wir einem Teil von uns selbst gegenüber eine ablehnende Haltung einnehmen. Der Teil, der da Bedürfnisse hat, wird als “falsch” angesehen, als etwas, das sich ändern oder gehen muss!
Und voilá, schon haben wir die Trennung in uns selbst vollzogen!

Wie sollen wir so uns selbst als die allumfassende, bedingungslose Liebe erfahren, die wir sind, wenn wir bestimmte Dinge in uns nicht lieben, sondern loswerden wollen?

Eben.

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum es nicht nötig und sogar von Nachteil ist, Bedürfnisse über Bord werfen zu wollen.

Dazu machen wir einen kurzen Abstecher zur Definition von “Ego”.
Das Ego ist eine verzerrte Wahrnehmung der Realität. Die Realität des Universums/ Gottes ist Liebe.
(Auf die Frage, warum es dann in unserer Welt so vieles gibt, was nicht nach Liebe aussieht, gehe ich an anderer Stelle ein.)
Gott kann nichts anderes sein als Liebe, denn sonst würde er sich irgendwann selbst zerstören. Liebe baut auf, das Gegenteil von Liebe nimmt auseinander. Gott kann nicht beide Eigenschaften in sich haben, das würde nicht funktionieren.

Das Ego hat aus sich selbst heraus keine Macht. Es hat keine Substanz. Es ist nur ein Versuch, die Realität zu verbiegen, ein Theaterspiel, ein So-tun-als-ob es wirklich das Böse gäbe.
Alles, was ist, kommt von Gott- direkt oder indirekt. Es kommt nichts vom Ego. Das Ego kann nur Dinge, die von Gott kommen, nehmen und sie maskieren.

Warum ist das relevant für Bedürfnisse? Nun, weil es bedeutet, das Bedürfnisse nicht vom Ego kommen können. Sie können nur vom Ego benutzt und falsch interpretiert werden. Und genau das passiert in unserer Welt, so haben wir es beigebracht bekommen.

Drehen wir die bisherige Logik, nach der Bedürfnisse schlecht sind, doch einfach einmal um und verbinden sie mit spiritueller Logik.

Alles kommt von Gott = auch Bedürfnisse kommen von Gott bzw. in dieser Welt stecken hinter Bedürfnissen letztlich göttliche Impulse.
Das Ego verzerrt das, was von Gott kommt = das Ego verurteilt Bedürfnisse als schlecht und betrachtet sie als Ausdruck von Mangel.
Die Wahrheit kann nur das Gegenteil sein: Bedürfnisse sind ein Fülle-Impuls.

Wenn wir Bedürfnisse so betrachten, dass uns etwas fehlt, was wir uns dann um jeden Preis irgendwie im Außen beschaffen müssen, dann sind wir im Ego und im destruktiven Umgang mit Bedürfnissen. Dann suchen wir die Erfüllung außerhalb von uns und ruinieren durch unsere fordernde Art unsere Beziehungen.

Doch wenn wir Bedürfnisse als Impuls betrachten, eine Form von Liebe in die Welt zu bringen, dann sind sie eine nährende Kraft, die das Leben für alle schöner macht.

Ein Beispiel: Ich nehme in einer Situation wahr, dass ich ein Bedürfnis nach Wertschätzung habe. Nach dem Ego-Paradigma würde ich das Bedürfnis einerseits peinlich finden, doch gleichzeitig (meistens unbewusst) versuchen, andere Menschen dazu zu bringen, mir Wertschätzung zu zeigen. Und würde den anderen mit meiner Bedürftigkeit auf den Keks gehen und wäre gleichzeitig ganz oft frustriert, weil ich überall einen Mangel an Wertschätzung wahrnehme.

Im Paradigma der Fülle würde ich sehen: Oh, diese Situation wäre mit Wertschätzung schöner! Wertschätzung ist die Form, in der die Liebe hier gute Dienste leisten könnte! Da ich das merke, muss der Wunsch, Wertschätzung zu geben, in mir sein! Wie kann ich mir selbst und anderen Menschen Wertschätzung ausdrücken?

Wenn ich dann anfange, mir selber zu sagen, was ich an mir schätze, und den Menschen um mich herum sage, was ich an ihnen schätze, dann beginnt die Liebe in mir zu fließen und ich kann mich selber als Liebe erleben. Als eine Bereicherung, als ein Geschenk an die Welt und meine Mitmenschen.

Auf diese Weise wird ein Bedürfnis, das ich wahrnehme und auf das ich mit Liebe antworte, zu einer direkten Erfahrung der Liebe und der Einheit! Ein Schritt in genau die Erfahrung, die wir mit dem Erwachen anstreben, oder?
Es spielt dabei keine Rolle, ob ich das Bedürfnis bei mir oder bei einem anderen Menschen wahrnehme.
Es gibt keine Trennung. Wir sind alle eins :-).

Ich würde mich freuen, wenn ich dir mit dieser Beschreibung Lust auf deine Bedürfnisse gemacht habe. Lust darauf, der Welt und damit dir selbst deine Liebe zu schenken.

Da ist so eine Ahnung in mir, dass das Leben dadurch schöner wird. Viel, viel schöner!

Danke fürs Lesen. Was brauchst du heute? 🙂

Kendra

P.S.: Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, teile ihn doch bitte über die sozialen Netzwerke. Vielen herzlichen Dank – wir können es brauchen! 😉

P.P.S.: Hast du schon von unserem nächsten Workshop gehört? Es geht um die heilende Wirkung von Zuhören am 26./27. August in Basel. Schau doch mal hier, ob das was für dich ist!